Das Kind ernst nehmen
Jedes Kind will mit seiner Art und Weise, wie es in der Welt ist, ernst genommen werden. Wir als pädagogische Betreuer sehen es als unsere Aufgabe an, das Kind möglichst nahe und aufmerksam zu begleiten. Wir stellen uns dabei Fragen wie: Wie fühlt es sich? Was will es gerade und was braucht es? Was ist sein „Thema“? Wo steht es in seiner Entwicklung? Wo liegt sein Talent? Wie ist unser Verhältnis zueinander?
Wir beobachten das Spiel- und Gruppenverhalten der Kinder, machen uns Aufzeichnungen und führen wöchentliche Teambesprechungen.
Der Wald als natürlicher Spielraum
Der Wald bietet dem Kind eine unerschöpfliche Vielfalt an körperlichen Betätigungen an. Unsere bekannten Spielorte im Wald mit ihren Böschungen, Bächen, Hecken, Kletterbäumen; das Antreffen entwurzelter oder gefällter Bäume; tiefer Morast, Erde und Staub; die Unebenheiten des Waldbodens – das alles erfordert Körpergeschick und lädt zum Anfassen ein. Alles scheint zu flüstern: „Probier`mich aus! Spiel mit mir!“ Die Natur hat starken Aufforderungscharakter.
Das Kind entscheidet selber, welche körperlichen Wagnisse und Experimente (Klettern, Balancieren, Springen etc.) es wann, wie und wie oft ausprobieren will. Durch Selbstüberwindung beim Klettern kann es an Selbstvertrauen gewinnen. Ein Erwachsener ist in seiner Nähe…
Mit dem Wandel des Wetters, dem Wechsel der Temperaturen und der Jahreszeiten werden die Sinne des Kindes ständig wach gehalten. Das Kind ist im Wald den Naturelementen unmittelbar ausgesetzt: Sonne, Hitze, Regen, Schnee, Kälte, Wind, erfrischende Kühlung und wärmende Strahlen. Das alles kann angenehm, aber auch unbehaglich sein; in jedem Fall muss dass Kind Ausdauer lernen und Geduld aufbringen, und erfährt, dass „Kleidung“ nicht nur ein Thema von Mama und Papa sein kann…
Schutz von Natur und Tierwelt
Natur und Tierwelt wollen wir achten und schützen. Wir schneiden nur dann einen Ast ab, wenn wir ihn zu etwas gestalten wollen. Die Kinder lernen, das Lebendige vom Leblosen zu unterscheiden, denn beim Klettern ist dies zur eigenen Sicherheit wichtig. „Ist der Ast morsch oder trägt er noch Laub?“, fragen wir das Kind. Blumen dürfen nicht wahllos ausgerissen werden, auf dem Heimweg aber darf ein Sträußlein gepflückt werden.
Mit Käfern, Würmern, Raupen, Spinnen, Schmetterlingen, Kaulquappen, Feuersalamandern, Kröten und Blindschleichen gehen wir behutsam um. Wir fassen sie vorsichtig an und lassen sie nach kurzem Bestaunen und Beobachten wieder frei.
Materialangebot
Das Spielmaterial in unserem Waldkindergarten ist begrenzt und überschaubar. Im Waldwagen haben wir einige Gesellschaftsspiele, Malutensilien, Bücher, Werkzeuge, Holz, Knete, Papier, Scheren, Naturmaterialien, Kletterseile sowie Gitarre, Flöte und Rhythmusinstrumente.
Zum Graben sind Schaufeln, Hacken und Spaten vorhanden. Im Waldkindergarten trifft das Sprichwort wirklich zu, das besagt: “Weniger ist mehr!“ Was kann ein Stock nicht alles sein? Angel, Peitsche, Zauberstab, Schwert oder Gewehr, Lanze und Bogen? Das Kind schnitzt an einem Stock und gibt diesem seine unverwechselbare Note. Wehe, wenn jemand ihn unbefugt weg nimmt!
Sooft es möglich ist, geben wir den Kindern Gelegenheit zu Malen. Wir nehmen unsere Malsachen auf unseren Wegen mit. Malen verstehen wir als wichtige Ausdrucksmöglichkeit; es wirkt entspannend. Mit Kommentaren sind wir sparsam; wir beschreiben auf Nachfrage, bewerten aber nicht.
Werken mit Holz steht bei uns hoch im Kurs. Die Dreijährigen dürfen Feilen, Schmirgeln und mit Hilfe von Erwachsenenhänden Sägen, Bohren, Raspeln und Schnitzen. Mit vier Jahren dürfen sie alleine werken, wenn sie die Werkzeuge sicher führen können. Ein Erwachsener ist dabei. Werk- und Bastelangebote werden jeden Freitag gemacht, daher nennen wir diesen Tag „Basteltag“.
Großen Wert legen wir auf das gemeinsame Singen, bei dem unsere selbst gebauten Rhythmusinstrumente zum Einsatz kommen.
Rhythmischer Tagesablauf
Vom morgentlichen Treffpunkt wandern wir zum gemeinsam bestimmten Tagesziel. Mitunter verweilen wir auf dem Weg, und begrüßen den Wald an unserem Zielpunkt mit einem Lied. Dem etwa 20- minütigen Morgenkreis folgt das gemeinsame Frühstück (keine süßen Sachen!), das wir auch mit einem Lied einleiten und einem Dankesspruch beenden.
Jetzt folgt das Freispiel, bei dem wir Mitarbeiter uns auf die einzelnen Spielgruppen verteilen. Neben dem freien Spielen machen wir immer wieder Mal- , Bastel- und Spielangebote.
Im Mittagskreis versammeln wir uns schließlich zum gemeinsamen Spiel, oder lauschen einer Geschichte und singen unser Abschiedslied. Die „Mittagskinder“ verabschieden sich und einige „Nachmittagskinder“ bleiben noch für eine gute Stunde länger im Wald.
Zusammenarbeit mit Eltern
Wir streben ein partnerschaftliches Miteinander mit den Kindergarteneltern an. Gegenseitiger Respekt und ein intensiver Austausch über das Kind im Elterngespräch sind uns wichtig. Fällt etwas Außergewöhnliches vor, melden wir uns bei den Eltern telefonisch und geben Bescheid; ggf. bitten wir auch um ein persönliches Elterngespräch. Den Eltern stehen wir jederzeit für ihre Fragen telefonisch zur Verfügung.
Gespräche über Kinder führen wir nicht vor Kindern, allenfalls sprechen wir gemeinsam mit Kindern und Eltern über Vorfälle und Erlebnisse…
Die Zusammenarbeit mit den Eltern teilt sich auf in Elterngespräche und Elternabende.
Der Elternabend
Die drei Elternabende im Jahr bieten Raum für Gespräche über die Gruppensituation der Kinder, für Belange der Eltern und für Organisatorisches. Sie finden in der Regel in einem der Elternhäuser statt. Zusätzlich wird – je nach Initiativkraft – zu thematischen Elternabenden eingeladen, die von Eltern oder den Betreuern vorbereitet werden. Manchmal laden wir Gastreferenten ein. Bisherige Themen waren:
‚Geschwisterliebe und -aggressionen‘, ‚Märchen‘, ‚Spiritualität im Kindergarten – Weltwissen des Siebenjährigen‘, ‚Spiele für Erwachsene‘ etc.
Das Elterngespräch
Wir nehmen uns mindestens einmal jährlich Zeit für ein ausführliches Elterngespräch zu Hause. Wir berichten von unseren Beobachtungen und erörtern die verschiedenen Entwicklungsbereiche des Kindes: Seine Motorik, sein Sozialverhalten, sein Talent, sein „Thema“und seine Schwierigkeiten. Uns Betreuern im Waldkindergarten ist eine umfassende Betrachtungsweise des Kindes wichtig. Alle Informationen werden vertraulich behandelt.
Die Eltern haben uns ihr Kind für einen wesentlichen Lebensabschnitt anvertraut. Das verstehen wir als große Verantwortung. In den drei bis vier Jahren seiner Kindergartenzeit möchten wir ihm ein zuverlässiger und verbindlicher Begleiter und Anwalt sein