Waldkindergarten Fuchsbau e.V., Freiburg-Kappel
„Du hast das Recht, genauso geachtet zu werden wie ein Erwachsener.
Du hast das Recht, so zu sein, wie du bist.
Du musst dich nicht verstellen und so sein, wie es die Erwachsenen wollen. Du hast ein Recht auf den heutigen Tag,
jeder Tag deines Lebens gehört dir, keinem sonst.
Du, Kind, wirst nicht erst Mensch, du bist Mensch.“
(Janusz Korczak, 1878 oder 1879 – 1942))
Vorwort
Nach langjähriger Arbeit stellen wir die aktuelle Konzeption des Waldkindergartens FUCHSBAU vor. Das vorliegende Werk soll unserem Waldkindergarten eine verbindliche Orientierung im Alltag sein und mit seinem Inhalt die verantwortungsvolle und schöne Arbeit mit Kindern in der Natur transparent werden lassen.
Allen ehemaligen Mitarbeitern, ob Praktikanten oder Angestellten im Fuchsbau, sei an dieser Stelle für Ihre Mitarbeit an diesem Werk gedankt!
Unseren Kindergarten besuchen Jungen und Mädchen, im Team arbeiten Männer und Frauen. Zur
besseren Lesbarkeit verwenden wir in dieser Konzeption trotzdem nur die männliche, grammatische
Form. Die weibliche, grammatische Form tragen wir dabei im Bewusstsein, sodass Jede und Jeder
sich angesprochen fühlen kann. Ebenso möchten wir Menschen einbezogen wissen, deren geschlechtlichen Identifikation eine duale Geschlechterordnung nicht gerecht wird.
Gliederung Seite
Leitbild und Vorwort 1
0 Gliederung 2
1 Eingewöhnung 3
2 Ein Tag im Wald 4
3 Unser Profil 5
4 Beteiligung des Kindes an Entscheidungen 6
5 Werte 7
6 Naturpädagogik 8
7 Rhythmen und Rituale 9
8 Sprache und Kommunikation 10
9 Konflikte 11
10 Glaube und Spiritualität 12
11 Beobachtung und Dokumentation 13
12 Zusammenarbeit mit Eltern 14
13 Kooperation mit Institutionen 15
14 Inklusion 16
Eingewöhnung
Die Eingewöhnung eines Kindes gestalten wir sehr individuell, je nach den Bedürfnissen des Kindes.
Wir legen Wert auf ein behutsames Heranführen in unseren Gruppenalltag, bei dem die Eltern ihr Kind in den ersten Tagen bei all unseren Abläufen begleiten.
So erleben die Kinder zunächst in Anwesenheit ihrer Eltern die vielen neuen Eindrücke.
In diesen ersten Tagen nehmen wir Kontakt zu dem Kind auf und begleiten es intensiv in den ersten kurzen Trennungszeiten von seinen Eltern.
Die Anfangszeit dient gleichzeitig auch dem Kennenlernen und Vertrauen entwickeln seitens der Eltern zu uns. Dadurch fällt es Eltern leichter, sich von ihrem Kind zu lösen. Die Trennungsphasen werden allmählich verlängert.
Wichtig ist uns, dass das Kind von dem bevorstehenden Abschied weiß und Eltern nicht ohne Absprache „verschwinden“.
Je klarer und sicherer sich Eltern ihrem Kind gegenüber ausdrücken können, dass sie „jetzt gehen, aber dann wieder kommen“, umso einfacher hat es das Kind.
Darin unterstützen wir die Eltern gerne.
Allgemein dauert die Eingewöhnungszeit eine bis zwei Wochen, in manchen Fällen auch länger.
Ein Tag im Wald
Wir bilden zu Tagesbeginn einen großen Kreis und fassen uns an den Händen. „Ich wünsche uns allen einen schönen, guten Morgen!“ sagt jemand von uns Betreuern und verbeugt sich.
„Wohin wollen wir heute gehen?“ Das eine und andere Kind nennt einen Wunsch und gemeinsam besprechen und entscheiden wir unser Tagesziel. Heute wollen die meisten Kinder zur Zwergenstadt!
Sind wir angekommen, bilden wir einen Sitzkreis, in dessen Mitte wir mit den Kindern mitgebrachtes Obst auf ein Deckchen legen.
Wir begrüßen unseren Wald mit einem Lied und besprechen, wer heute fehlt. Ein Kind zählt alle Kinder und ein etwas älteres alle Anwesenden!
Heute folgt eines unsere klassischen Ratespiele, bei dem das Kind erraten muss, welche der sieben vor uns liegenden Gegenstände weggenommen wurden, nachdem es aus dem Kreis gegangen war. Mit Tipps helfen wir uns gegenseitig bei der Lösung.
Die Frühstückszeit beginnt. Wir breiten auf einem Tuch unserer Essen aus, gehen etwas abseits unseres Aufenthaltsortes Pippi machen und waschen die Hände.
Das Essen fängt mit dem Frühstückslied an.
Sind die ersten Kinder fertig, folgt eine Danksagung und das Freispiel kann beginnen.
Wir haben Malsachen und Schnitzmesser dabei. Einige Betreuer begleiten die Kinder in den Wald, einige verweilen. Mancher von uns assistiert beim Malen oder Schnitzen oder baut – so ist es heute an der Zwergenstadt – ein Raumnetz auf.
Die etwa eineinhalb Stunden der Freispielzeit sind rasch vorbei, die Mittagsglocken läuten – Zeit für den Mittagskreis.
Wir machen Fingerspiele, lesen eine Geschichte vor, überlegen, was wir morgen vorhaben und fragen, wer noch in der Nachmittagsgruppe bleibt. Das Abschiedslied „Fast alle Leut“ beendet den Kreis.
Zwei der Betreuenden begleiten die Mittagsgruppe zum Treffpunkt mit den Eltern. Einer davon wird zur Nachmittagsgruppe zurückkehren. Er trifft die kleine Gruppe beim Schnitzen an. „Wer will noch mit mir essen?“, fragt ein Erwachsener.
Es ist etwa halb zwei Uhr, wir packen unsere Rucksäcke, singen abermals das Abschiedslied und machen uns ein wenig müde aber zufrieden auf den Heimweg.
Unser Profil
Gruppengröße
Mit unserer Gruppe von 17 Kindern und gleichzeitig drei Fachkräften verfügen wir über einen überdurchschnittlichen Betreuungsschlüssel. Dies hat Vorteile: Wir können uns jedem Kind individueller zuwenden und intensiver auf seine Bedürfnisse eingehen.
Rituale
Eine große Bedeutung haben bei uns die ritualisierten Abläufe, die die Tage, die Wochen und die Jahreszeiten kennzeichnen. Besonders ist auch, dass wir großen Wert darauf legen, die Kinder an diesen Ritualen zu beteiligen. Näheres zu diesem Thema ist unter „Rhythmen und Rituale“ zu lesen.
Malen, Basteln und Werken
Unabhängig davon, wo wir uns aufhalten, haben wir fast immer Papier und Stifte dabei. Das Malen hat in unseren Augen eine entspannende sowie künstlerische Komponente. Wir Erwachsenen halten uns mit Bewertungen der Kindermalereien zurück.
Jeden Freitag ist „Bastelfreitag“, an dem wir den Kindern eine konkrete Bastelarbeit anbieten, die sich in die Folgewoche ausdehnen kann. Wir werken viel, die Kinder dürfen selbstständig (ab vier Jahren) oder unter Anleitung (unter vier Jahren) sägen, schrauben und hämmern. Werken und Basteln sind somit markante feste Angebote.
Umgang mit Feuer
Kinder können bei uns auch den Umgang mit Feuer lernen, in dem sie Teelichter anzünden, helfen, den Ofen anzufeuern oder „zündeln“. Beim „Zündeln“ dürfen Kindern mit einer begrenzten Anzahl von Streichhölzern und einem Teelicht in einer kleinen Feuerschale mit dem Feuer experimentieren. Ein Erwachsener ist in der Nähe.
Brot backen
Zwischen November und Mai wird einmal in der Woche Brot gebacken. Vor unserem Waldwagen haben wir einen selbstgebauten Lehmofen. Drei Kinder bereiten mit einem Erzieher den Teig vor, eine andere Gruppe darf helfen, das Feuer im Ofen zu entfachen. Im Mittagskreis essen wir dann gemeinsam das frische und warme Brot.
Spielorte
Obwohl wir uns gerne am und im Waldwagen aufhalten, besuchen wir auch eine große Anzahl weiterer Spielorte im Wald. Am Morgen entscheiden wir demokratisch, welchen dieser Plätze wir aufsuchen wollen. Einige sind in 5 -10 Minuten erreichbar, die am weitesten entfernten erreichen wir in circa 40 Minuten. So stehen uns viele unterschiedliche Plätze zur Verfügung, und die Kinder lernen, auch längere Strecken aus eigener Kraft zurücklegen zu können.
Ausflüge
Mit unseren Vorschulkindern machen verschiedene Ausflüge. Wir besuchen z.B. die örtliche Feuerwehr, eine Bäckerei, das Bergwerk, ein Theaterstück und das Planetarium. Außerdem besuchen wir in der Regel an fünf aufeinander folgenden Terminen den Kunzenhof, einen pädagogischen Bauernhof. Hier können die Kinder unter Anleitung beim Ausmisten helfen, beim Melken der Ziegen unterstützend dabei sein, beim Bürsten der Esel oder beim Eiersuchen.
Abgesehen davon machen wir auch gelegentlich Ausflüge und Unternehmungen mit der Gesamtgruppe. Im Herbst gehen wir Äpfel sammeln und pressen unseren eigenen Apfelsaft.
Essen
Wir achten indirekt auf die Zahngesundheit bzw. eine gesunde Ernährungdurch die Regel, dass keine Süßigkeiten mit in den Kindergarten gebracht werden dürfen. Ausnahme: Kindergeburtstag o.ä.. Damit möchten wir einen Beitrag zur gesunden Ernährung der Kinder leisten und vorleben, dass zuckerhaltige Lebensmittel die Ausnahme und nicht die Regel sein sollten. Außerdem dient es dem Schutz vor Wespen, da diese von Süßem sehr leicht angelockt werden.
Zum Anderen sind wir uns auch in Puncto Ernährung unserer Vorbildfunktion bewusst und achten darauf, selber ein gesundes, ausgewogenes und vollwertiges Vesper mitzubringen. Im Mittagskreis essen wir gemeinsam mit den Kindern Obst.
Beteiligung des Kindes an Entscheidungen
Der Tag im Waldkindergarten „Fuchsbau“ beginnt mit der gemeinsamen demokratischen Abstimmung, zu welchem Spielort wir gehen wollen. Bei diesem Ritual erlebt das Kind nach
und nach und mit wachsendem Bewusstsein, dass seine Beteiligung Auswirkungen hat.
Es lernt zu gewinnen und zu verlieren, und es lernt mit der Zeit, mit den Ergebnissen der Abstimmungen zurechtzukommen.
Auf den Wegen kann es sein Tempo und seine Verweildauer selbst bestimmen.
Macht ein Kind im Sitzkreis einen eigenen Spielvorschlag, bemühen wir uns um eine baldige Umsetzung oder suchen nach einvernehmlichen Lösungen.
Klagen und Beschwerden des Kindes werden aufmerksam angehört, mit dem einzelnen Kind oder innerhalb der Gruppe besprochen. Unsere aufmerksame Zurückhaltung schafft in Konfliktsituationen den Freiraum für kindliche Einigungen. Bei diesen Konflikten steht die Regelverletzung im Vordergrund, nicht die Person des Kindes.
Oft sind aktives Zuhören und Verständnis für die Streitparteien ausreichend für eine Befriedung des Geschehens.
Das Selbstbestimmungsrecht des Kindes endet im Spiel i.d.R. dort, wo jemand ausgeschlossen wird und nicht mitspielen darf.
Wir bestärken die verbale Wehrhaftigkeit desjenigen Kindes, das sich auf Regeln beruft, indem wir das klare „Nein“ oder „Stop“ unterstützen. Und wir verbalisieren das körpersprachliche Unbehagen des meist jüngeren Kindes, das noch über kein entschiedenes „Nein“ verfügt. Jede Situation erfordert eine Einfühlung in das Geschehen; manchmal kann es auch wichtig sein, das Intimitätsbedürfnis von jüngeren Kindern zu wahren, statt auf der Mitspielregel zu beharren. Das Eingehen auf die individuelle Spielsituation ist dann wichtiger als die Regeleinhaltung.
An seinem Geburtstag darf das Kind den Spielort im Wald alleine bestimmen. Mehrmals im Jahr darf es ein Buch mitbringen, dass im Mittagskreis vorgelesen wird.
Montag hören wir allen Kindern im Erzählkreis zu, was sie vom Wochenende berichten.
Einmal wöchentlich darf ein Kind sich an seinem Dran- Komm- Tag an bestimmten Aktionen beteiligen: die Gruppe über die Straße lotsen, anwesende Personen zählen und den eigenen Bratapfel verteilen.
Werte
Menschliche Werte stellen für uns ideale und kulturelle Zielvorstellungen dar, die uns in der Gemeinschaft ein harmonisches Zusammenleben ermöglichen. Sie sind die Grundlage unseres ethischen Handelns. Sich ihrer bewusst zu sein schafft die Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Kind und gibt uns Orientierung, im pädagogischen Alltag als Vorbild zu dienen.
Gerechtigkeit, Mitgefühl, Liebesfähigkeit, Verlässlichkeit („Versprochen ist Versprochen, das wird auch nicht gebrochen“ – so sagte es ein Junge von uns einmal), Hilfestellung bieten, Ehrlichkeit, gegenseitiger Respekt, Toleranz und Vertrauen, Achtung vor allem Lebendigen, Konfliktfähigkeit und Versöhnlichkeit, Glaube und Spiritualität sind wichtige Eigenschaften, die wir dem Kind authentisch zu vermitteln versuchen.
Wertevermittlung geschieht in unserem Alltag fortwährend, wenn auch überwiegend unbewusst.
Wir gehen mit Material (Werkzeug, Stifte etc.) sorgsam um, lassen keinen Müll im Wald liegen, üben Geduld ein in der Warteschlange zum Händewaschen und beim Drankommen im Spiel. Wir achten die Tier- und Pflanzenwelt, graben toten Tieren ein Grab und zollen dem Kind Respekt, indem wir als Erwachsene in seiner Anwesenheit mit anderen Erwachsenen – z.B. mit den Eltern – nicht überdas Kind, sondern mit dem Kind sprechen.
Naturpädagogik
Der Wald ist für uns Lebens- und Spielraum. In früheren Zeiten war der Aufenthalt im Freien eine größere Selbstverständlichkeit als heute.
Angesichts der zunehmenden Entfremdung des Menschen von der Natur und deren Gefährdung durch den Klimawandel wird es umso wichtiger, dem Kind ein Naturverständnis nahezulegen, dass von Nachhaltigkeit geprägt ist. Wir wollen dem Kind ganzheitliche Erfahrungen durch den Aufenthalt im Wald ermöglichen, es soll mit allen Sinnen die Zyklen der Natur erfahren können: den Wechsel der Jahreszeiten, Trockenheit und Regen, Wärme und Kälte, Werden und Vergehen. Manches ändert sich rasch, manches nur langsam, denn auch Zeit spielt im Wald eine Rolle.
Wir beobachten Tiere und Spuren, wir erfahren Lärm, Stille und Ruhe. Auf natürliche Weise erwächst im Kind die Wertschätzung für das Leben, die Natur und die Tierwelt. Was man kennt, wird man schützen, weil man es lieben gelernt hat.
Der Wald stellt eine unendliche Bewegungslandschaft dar, die fortwährend zum Ausprobieren auffordert: „Schaffe ich es über den Bach zu springen?“, „Kann ich diesen Baum hochklettern?“
Neben der motorischen Förderung wirkt die Ruhe im Wald harmonisierend auf die Seele.
Das weitgehende Fehlen von Spielzeug regt die sprachliche Phantasie und die soziale Entwicklung an, wenn im Rollenspiel z.B. Stöcke und Moos zu Angeln und Bettchen werden.
Im Wald gibt es nicht die sinnliche Überreizung unserer Spiel- und Konsumwelt. Der Spruch „Weniger ist mehr“ gilt im Wald ganz besonders.
Rhythmen und Rituale
Mit unserer Atmung, unserem Herzschlag, den Wach- und Schlafzeiten, den täglichen, wöchentlichen und jahreszeitlich wiederkehrenden Ereignissen leben wir Menschen in einem gleichmäßigen Rhythmus. Er ist ein menschliches und kosmisches Urphänomen, das auf alles Leben einen großen Einfluss hat.
Bereits in der frühen Kindheit bietet eine verlässliche Handlungsabfolge im Tages – und Wochenablauf dem Kind Orientierung und emotionale Sicherheit. Besonders die Waldorfpädagogik hebt die Bedeutung rhythmischen Lebens hervor. In dieser Abfolge zu leben, stellt eine gesunde Basis für die gesamte kindliche Entwicklung dar. Deshalb gestalten wir unseren Tagesablauf rhythmisch.
Der Tagesrhythmus
Unser Tag beginnt mit der persönlichen Begrüßung des Kindes.
Wenig später entscheiden wir gemeinsam, welcher Platz unser Tagesziel sein soll. Gut ein dutzend Plätze stehen zur Wahl.
Sind wir am Ziel angekommen, beginnen wir bald mit dem Morgenkreis:
Wir sitzen mit unseren Sitzmatten auf dem Boden, begrüßen den Wald mit einem Lied, lassen die Kinder alle Anwesenden zählen und besprechen, wer heute fehlt. In der kalten Jahreszeit holt das Kind, das an der Reihe ist, seinen Apfel, zündet ein Teelicht an und stellt dies in den Apfelbräter.
Bald folgt das gemeinsame Frühstück, dass wir mit einem Lied der Dankbarkeit einleiten und es mit einem gemeinsamen Dankesspruch beenden.
Das Freispiel beginnt. Das Kind gestaltet weitgehend selbständig das Geschehen und kann seinem Spieltrieb nachkommen: es kann Klettern, Buddeln, Schnitzen, Malen oder Rollenspiele machen oder einem unserer Spiel- oder Bastelangebote folgen.
Gegen 12 Uhr beginnen wir mit dem Mittagskreis: Wir essen das mitgebrachte Obst und lesen eine Geschichte vor. Wir besprechen den nächsten Tag, fragen nach den Nachmittagskindern und singen das Abschiedslied. Der Rückweg beginnt…
Der Wochenrhythmus
Jeden Montag erzählen wir im Morgenkreis von unseren Wochenenderlebnissen, Dienstag ist zwischen Oktober und Mai Backtag, und am Freitag ist Basteltag.
Der jahreszeitliche Rhythmus
Im Herbst beginnt unser Kindergartenjahr mit dem Erntedankfest.
Die Kinder bringen Früchte mit, und gemeinsam singen wir Herbstlieder.
Zu St. Martin heben wir die Werte der Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft hervor.
Der Nikolaus ist „Bote“ des bevorstehenden Weihnachtsfestes. Kinder, Eltern und Betreuer treffen sich vor den Weihnachtsferien am Waldwagen zur gemeinsamen Weihnachtsfeier.
Zu Fasching können wir uns verkleiden und treiben mit Spiel und Gesang den Winter aus.
An Ostern suchen die Kinder im Wald die vom Osterhasen versteckten Osternester.
Wenn ein Kind im Waldkindergarten Geburtstag hat, erhält es einen kleinen Edelstein, eine Geburtstagskerze
und einen Kuchen. Auch dieser Tag ist durch einen gleichbleibenden Ablauf gekennzeichnet: wir erzählen ein Märchen, singen ein Geburtstagslied und lassen das Kind seinen Lebensjahren entsprechend hochleben.
Im Juli verbringen alle Familien mit den Betreuern eine Wochenendfreizeit im Schwarzwald.
Am Ende des Kindergartenjahres übernachten die Schulanfänger mit den Betreuern im Waldwagen und feiern tags drauf das große Abschiedsfest. Für alle Beteiligten stellt dieser Tag im Jahr einen der emotionalen Höhepunkte dar.
Sprache und Kommunikation
Es erfordert in der Erziehung viel Empathie und Phantasie, wenn wir als Erwachsene kindgerecht sprechen wollen. Ohne Reflexion besteht allzu leicht die Gefahr, in Pathos und Belehrungsabsicht abzugleiten. Sprache kann jedoch auch ein Faktor von ernsthafter Verständigung, Versöhnung, Befriedung, Entspannung, Fröhlichkeit, Mitgefühl und Humor sein.
Haben wir klare Vorstellungen von gelingender Kommunikation mit Kindern, wollen wir uns also für ein bewusstes Sprechen – und auch Schweigen – entscheiden, müssen wir Erwachsene uns im Spiegel anschauen und uns gegenseitig daran erinnern, wie wir mit Kindern reden wollen.
Wir kommunizieren nicht nur mit dem Mund, sondern mit dem ganzen Körper. Der nonverbale Bereich ist oft viel entscheidender als das gesprochene Wort. Die Wortwahl, die Bildung einfacher Sätze, das Pausieren, die Musik im Wortausdruck, der Ausdruck der Augen, die Körperspannung, die Lautstärke – all dies sagt dem Kind, ob wir vertrauenswürdig, freundlich, zuversichtlich, gut gelaunt, angespannt, nervös, ängstlich oder bedrohlich sind.
Das Kind entscheidet daraufhin, ob es mit uns in Kontakt treten will oder aus Unbehagen lieber nicht.
In unserem Waldkindergarten streben wir an, authentisch und klar zu sein. Wir geben uns Mühe, verständlich und einfach, teilnehmend und empathisch, teils auch streng und entschieden, vor allem aber stets mit Geduld und einem großen Herz zu sprechen – je nach Situation. Das ist oft leichter gesagt als getan.
Sind wir aber bereit, uns kollegial und respektvoll gegenseitig Rückmeldungen über unsere Sprechweise zu geben, so kommen wir diesen kommunikativen Zielvorstellungen näher.
Konflikte
„Wir sprechen miteinander, wir hauen nicht!“ lautet unser Grundsatz im Waldkindergarten. Wir halten uns nach Möglichkeit bei Streitigkeiten zurück und greifen erst bei körperlichen Aggressionen aktiv ein. Wichtig ist, in der Situation aufmerksam zu sein.
Können die Kinder den Streit selber lösen? Ist die Auseinandersetzung für jemanden gefährlich? Fühlt sich ein Kind bedroht? Stört es die Gruppenatmosphäre?
Oft hilft eine ruhige und körperlich nahe Anteilnahme, manchmal auch nur geduldiges Zuhören des meist aufgeregten Kindes. Dabei betonen wir die Regeln und sprechen deren Verletzung an, nicht aber das Kind selbst.
„Wie könntest Du es ihm mitteilen, statt zu schlagen“, lautet eine von uns häufig gestellte Frage, um Verhaltensalternativen anzusprechen.
Was im Kind vorgeht, was es bezweckt, welche Ängste es hat, was für ein Geltungsbedürfnis hinter seinem Verhalten steckt, das alles wissen wir nicht oder nicht genau, immer aber gilt für uns: ruhig und wach den Kontrahenten zur Seite stehen, um ggf. „übersetzen“ zu können, was das andere Kind gemeint oder gewollt haben könnte…
Auseinandersetzungen können Kinder reifen lassen, wenn diese auf sozialverträgliche Mittel der Konfliktbewältigung zurückgreifen können. So gesehen dienen Streitigkeiten der kindlichen Entwicklung.
Glaube und Spiritualität
In unserem Alltag stoßen wir immer wieder auf Situationen, die mit Leben und Sterben in Verbindung stehen. Eine vor uns liegende tote Waldmaus, ein kleiner Vogel, eine überfahrene Blindschleiche… Dem Augenblick der aufregenden Entdeckung durch das Kind folgt bald ein ruhiger und feierlicher Betrachtungsmoment, der schließlich in Geschäftigkeit endet: Manche Kinder suchen Blumen, um das Grab zu schmücken, andere basteln kurzerhand aus zwei Stöcken und Schnur ein kleines Kreuz, während jemand am Wegrand eine kleine Mulde als Grab schaufelt. Alles geschieht in Begleitung von uns Erwachsenen. Schließlich stehen einige Kinder mit uns Erwachsenen um das Grab und betrachten es kurze Zeit in Stille. Bisweilen entsteht ein kleines Abschiedslied oder ein Kind sagt: „ Die Maus ist tot, aber nur halb! Wo ist sie jetzt?“ – „Im Himmel“, kann die Antwort lauten. Werden wir gefragt, antworten wir klar. Wir bieten ein Bild vom „Tierhimmel“, wir fragen zurück oder sind selbst nachdenklich. Wir dürfen auch sagen: „Das weiß ich nicht.“ Es muss stimmig sein, wenn wir antworten. Nur dann ist es authentisch und für das Kind glaubhaft. Jede Antwort ist individuell und frei, ohne Wertung. Solche Ereignisse können sich im Sommer mehrmals in einer einzigen Woche begeben, dann wieder einen Monat lang nicht. Sie geschehen unerwartet, sind emotional und immer wieder feierlich. Das Kind soll sein Erlebnis ohne kommentierende Bewertung frei ausklingen lassen können. Respektvolles Schweigen oder Worte über die Schönheit eines toten Schmetterlings beispielsweise haben jetzt Platz.
Religiöse Worte fallen im „Fuchsbau“ im Rahmen von Liedern und Sprüchen: „…weil Gott
uns alle liebt“ oder: „Möge der Segen Gottes mit dir sein…“ Mit unserem Frühstückslied danken wir für das Essen: „Jedes Tierlein hat sein Essen…lieber Gott, wir danken dir“.
In den Advents- und Weihnachtsliedern und in der Lektüre der Weihnachtsgeschichte um das Jesuskind treffen wir immer wieder auf christlichen Hintergrund. St. Martin und Nikolaus sind „Wahrbilder des Guten“, wie es in der Waldorfpädagogik heißt; sie verkörpern unsere spirituelle Seite im Kindergarten. Der Nikolaus ist für uns der Botschafter des nahenden Weihnachtsfestes. Wir sprechen im Waldkindergarten vom Christkind, nicht vom Weihnachtsmann.
Mit Spiritualität und Glauben verbinden Kinder Weltverständnis und machen sich erste
Gedanken über sich, das Leben und die Welt. Sie fangen an zu philosophieren. Und sie
bringen von Zuhause das Glaubensverständnis mit, das ihnen dort vorgelebt wird.
Unabhängig vom religiösen Hintergrund des Kindes und der Familie empfinden wir es als
unsere Aufgabe, dem Kind leichten Herzens und ohne Belehrung seinem von Natur aus
vorhandenen spirituellen Wesen eine Begleitung zu sein.
Beobachtung und Dokumentation des kindlichen Spiels
Immer wieder beobachten und dokumentieren wir 15 – 30 Minuten das Spielen der Kinder, betrachten und vergleichen unsere Notizen und Eindrücke im Teamgespräch, und ziehen daraus unsere Schlüsse bezüglich eigener Verhaltensweisen und Spielimpulse.
Trotz des Bemühens um eine möglichst neutrale Beschreibung des Beobachteten, ist ein gänzlich wertfreies „Lesen“ im kindlichen Verhalten aber nur annähernd möglich. Immer fließt ein Rest an eigener Färbung bei den Beschreibungen und Begriffen mit ein und erfordert deswegen eine persönliche Reflexion des Geschehens.
Wichtig ist uns, sich bei der Interpretation der Beobachtung in die Situation des Kindes und seiner Erlebniswelt zu versetzten. „Wie würde ich mich fühlen an seiner Stelle?“, fragen wir uns. „Welche Bedeutung hat das Geschehen im Augenblick und im Zusammenhang mit der Rolle des Kindes innerhalb der Gruppe?“ „Welche Handlungskonsequenzen ergeben sich daraus für uns Betreuer?“ „Ändert sich oder bestätigt sich mein Bild vom Kind dabei?“
Die Zusammenschau der verschiedenen Beobachtungen der Mitarbeiter ergeben eine Momentaufnahme des aktuellen „Themas“ des Kindes. Diese dokumentierte Beobachtung führt uns zur Überlegung, was wir dem Kind an Zuwendung, Material und an Impulsen bieten können. Die Erkenntnisse daraus können wir für die Zusammenarbeit mit den Eltern nutzen.
Zusammenarbeit mit Eltern
Wir verstehen unsere Zusammenarbeit mit den Eltern als Erziehungspartnerschaft und wünschen uns eine vertrauensvolles Verhältnis.
Ein Baustein davon ist das Elterngespräch, auf das wir uns im Team ausführlich vorbereiten und das im Schnitt einmal im Jahr stattfindet.
Wir legen Wert darauf, das Gespräch mit beiden Elternteilen bzw. mit den Hauptbezugspersonen
des Kindes führen zu können. Die Inhalte der Gespräche werden selbstverständlich vertraulich behandelt!!
Beim Bringen und Abholen des Kindes reden wir mit den Eltern bewusst nicht über das Kind.
Sollte es Situationen geben, die besprochen werden müssen, bieten wir Telefonate an.
Im Jahr finden im Durchschnitt drei Elternabende statt .
Manchmal werden auch thematischen Elternabende organisiert.
Beispiele: Geschwisterrivalität oder Spiritualität und Religion.
Wir verstehen uns als Gemeinschaft und schätzen die elterliche Mitarbeit sehr, wobei diese teilweise auch verpflichtend ist ( z.B. Putzen des Waldwagens). Immer wieder zeigt sich, dass diese Mitarbeit von großer Bedeutung für das Gemeinschaftsgefühl der Gesamtgruppe ist. So ist z. B. ein „Holztag“ in einem kalten Winter manchmal ganz spontan nötig, weil die Holzvorräte zur Neige gehen.
Ferner braucht es Mithilfe bei den Vorbereitungen der Feste, eines Flohmarktes, des Weihnachts- marktstandes sowie für das gemeinsame Wochenende vor den Sommerferien auf einer Hütte im Schwarzwald.
Kooperationen
Um den Übergang unserer Kinder in die Schule zu erleichtern, streben wir wir eine enge Zusammenarbeit mit ihren künftigen Grundschulen an.
Von der nahe gelegenen Kappler Schauinslandschule besucht uns einmal monatlich die Kooperationslehrerin und macht mit den künftigen Schülern Vorübungen zum Rechnen oder Schreiben. Einmal im Jahr kommt sie mit der ganzen Klasse, was ein Wiedersehen mit ehemaligen Fuchsbau- Kindern bedeuten kann und für die anderen Schüler erfahrbar macht, was Waldkindergarten bedeutet.
Gegen Ende des Kindergartenjahres besuchen wir mit den Vorschulkindern ihre jeweilige, künftige Schule und lassen sie uns von den Kindern zeigen.
Über die Schule hinaus ist uns eine regionale Anbindung wichtig. Wir legen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Forstamt sowie privaten Waldbesitzern und stehen in regem Austausch mit anderen Waldkindergärten der Region. Mehrmals im Jahr kommen wir mit deren Vertretern zum „Regio-Treff“ zusammen. Hin und wieder organisieren wir gemeinsame Schulanfänger-Ausflüge.
Mit dem Freiburger Amt für Kinder und Jugendliche trifft unser Vorstand sich sporadisch, um finanzielle Belange zu erörtern.
Inklusion
Wie vielfältig die Welt ist, erfahren wir im Wald jeden Tag aufs Neue. Die Verschiedenartig der Menschen sehen wir als ebenso bereichernd an und begegnen Jedem mit Offenheit und Respekt. Ohne Einschränkungen durch Vorurteile und Stereotype – zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Kultur oder sozialen Status – will der Fuchsbau Kindern einen Rahmen bieten, sich in ihrer Individualität entfalten zu können.
Bei einem Kind mit besonderem Zuwendungs- und Förderbedarf entscheiden wir auf der Grundlage der derzeitigen Personalbesetzung, ob es aufgenommen werden kann. Steht einer Aufnahme in motorischer Hinsicht nichts im Wege, und ist die Gesamtgruppe ausreichend betreut, ist unser Waldkindergarten offen für die Aufnahme des Kindes.
DerFuchsbau hat Erfahrungen mit Kindern, die entweder eine ADHS- oder Autismusdiagnose hatten.
Freiburg im Breisgau, August 2021